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Selbstregulation – Was bedeutet Selbstregulation beim Pferd?

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Die Selbstregulation beim Pferd halte ich persönlich für das größte Problem, welches die Ursache für sehr viele, wenn nicht sogar die meisten Symptome im Alltag mit Pferden ist. Die Selbstregulation ist die Fähigkeit des Pferdes, sich nach dem Erschrecken, Wehtun, Angst oder Ärger wieder selbst zu beruhigen. Diese Fähigkeit nennt man Selbstregulation und muss vom Pferd, wie von einem Kind, erlernt werden, da diese Fähigkeit nicht angeboren ist.

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Die Fähigkeit des Gehirns, die Selbstregulation auf natürliche Weise zu entwickeln, findet in den ersten beiden Lebensjahren statt. Wird dieser Entwicklungsschritt durch das Absetzen unterbrochen, kann sich die Selbstregulation nicht mehr entwickeln.

 

Von der Geburt des Fohlens bis etwa zur Vollendung des ersten Lebensjahres muss das Fohlen, wenn es Angst hat, sich erschrocken hat, sich wehgetan hat oder sich geärgert hat, bei der Mutter trinken, um sich zu beruhigen. Es lässt sich sehr gut beobachten, dass die Fohlen sofort bei der Mutter trinken wollen, wenn eine der genannten Situationen eingetreten ist. Wird das Fohlen vom Menschen vor Vollendung des ersten Lebensjahres abgesetzt, wird die Entwicklung der Selbstregulation abgebrochen und kann nicht durch die Anwesenheit anderer erwachsener Pferde oder Stuten wieder aktiviert werden. Ab diesem Zeitpunkt kann das Fohlen keine natürliche Selbstregulation mehr entwickeln. Wichtig hierbei ist, dass die Selbstregulation ebenfalls nicht durch Desensibilisierung entwickelt werden kann!

 

Lässt man das Fohlen hingegen bei seiner Mutter, wird man feststellen, dass die Mutterstute ihr Fohlen mit der Vollendung des ersten Lebensjahres schrittweise selbst absetzt. Dieser Schritt ist aus mindestens zwei Gründen wichtig: Erstens für die Entwicklung der Selbstregulation und zweitens zur Vermeidung eines Schocktraumas sowohl für die Mutter als auch für das Fohlen.

 

Vom ersten Lebensjahr bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Pferdes ist die Entwicklung der Selbstregulation noch nicht abgeschlossen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Lebensjahr des Pferdes, wenn es von der Mutter abgesetzt wurde, muss es sich an der Mutter regulieren. Dies tut es, indem es sich nach einer der oben genannten Situationen durch direkte Nähe zur Mutter reguliert. Das Fohlen stellt sich dazu ganz dicht neben die Mutter oder am besten sogar zum Vater und beruhigt sich, indem es den Zustand des Vaters oder der Mutter annimmt. Bei erwachsenen Pferden, die als Fohlen vom Menschen abgesetzt wurden, machen eine Ersatzhandlung. Diese Pferde versuchen, neben dem Fressen durch Anrempeln an ihren Besitzern sich zu regulieren. Was leider in der Pferdewelt als Unart interpretiert wird, ist in Wirklichkeit Regulation, und der verzweifelte Versuch des Pferdes, die Spannung aus seinem System zu bekommen, wird, wenn das dann durch Reglementierung verhindert wird, dazu führen, dass das Pferd weitere Ersatzstrategien entwickeln muss.

 

Das Pferd entwickelt sogenannte Stressmuster, die dem Abbau des Drucks im System dienen. Diese Stressmuster können Übersprungshandlungen wie Gähnen, Scharren, Beißen, Fressen oder Jucken sein. Das sind Ersatzhandlungen, die dem Pferd dazu dienen, den Stress im Körper wieder loszuwerden.

 

Bei erwachsenen Pferden sieht man dann häufig Pferde, die beim Spazierengehen ans Gras ziehen oder die in der Herde andere Pferde beißen oder besteigen, oder auch Pferde, die permanent ihre Besitzerin oder ihren Besitzer anrempeln. All das sind Regulationsversuche des Pferdes und haben ihren Ursprung im zu frühen Absetzen und Trennen von der Mutter.

 

Diese Fähigkeit zur Selbstregulation ist entscheidend für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Pferden. Eine gut entwickelte Selbstregulation ist für folgende Aspekte wichtig: Pferde mit starker Selbstregulation haben eine bessere Lebensqualität. Sie zeigen weniger Anzeichen von Angst oder Stress und können effektiver mit Herausforderungen umgehen (Harris, 2014). In Wettkampfsituationen sind Pferde, die sich selbst regulieren, besser in der Lage, sich zu konzentrieren und ihre volle Leistung abzurufen. Eine schlechte Selbstregulation kann zu Fehlern und Unfällen führen (Kearney, 2018). Pferde, die in der Lage sind, sich selbst zu regulieren, entwickeln oft tiefere und gesündere Bindungen zu ihren Besitzern (McGowan et al., 2015).

 

Die Entwicklung der Selbstregulation nachträglich zu vollenden, geht nur noch auf einem Weg. Man muss die Mechanismen der Regulation künstlich extrinsisch aktivieren und deaktivieren und danach das Pferd in die Reflexion bringen, um die Selbstregulation herzustellen.

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