Timo macht mit einem Team aus 5 weiteren Pferdepsychologen eine Beobachtungsstudie. Hierzu werden eine Woche lang Wildpferde in Sardinien beobachtet und deren Verhalten dokumentiert. Im Anschluss werden diese Beobachtungen wissenschaftlich ausgewertet.
Die Giara di Gesturi – Wildpferde und Korkeichen – Sardinien

21.04.2025 – Tag 1
Team Frankfurt startet mit Widrigkeiten in die Forschungsreise, während Team München sich einen Cappuccino nach dem anderen gönnt. Aber von Vorne…
Die Vorfreude auf unsere Forschungsreise nach Sardinien war groß! Alles schien perfekt vorbereitet. Gloria fährt Team Frankfurt bestehend aus Timo, Ute und Kathi mit reichlich Gepäck zum Flughafen. Flug.. äh Fahrbegleiterin Mia war natürlich auch dabei. Ohne langes Anstehen schneller Check-in am Spezialschalter– alles easy. Doch plötzlich hielt Ute zwei identische Boardingpässe in der Hand und dann kam das eigentliche Drama: Der Elektroantrieb von Timos Rollstuhl, ein unverzichtbares Hilfsmittel für unwegsames Gelände, wurde von der Airline kurzerhand abgelehnt. Die Begründung lautete: „Geht nicht aufgrund von Bestimmungen.“ Dies, obwohl Timo zuvor eine telefonische Zusage erhalten hatte – ein klassisches Beispiel für Missverständnisse im Reiseverkehr.
Die Kooperation seitens der Airline ließ zu wünschen übrig. Statt Unterstützung erhielten wir die freundliche Ansage: „Sie müssen sich selbst darum kümmern.“ Das führte zu Zeitdruck, Hektik und Stress. Anstatt in Ruhe einen Kaffee zu genießen und entspannt zu boarden, wurde es ein Wettrennen gegen die Uhr. Umorganisation, Rücktransport und dann im Eilschritt zum Gate – doch letztendlich haben wir es geschafft! Pünktlich an Bord, ohne Wartezeit, und kaum waren wir angeschnallt, hob der Flieger bereits ab. Sardinien – wir kommen! Timo war wieder der Einzige, der für den ganzen Stress von zwei gaanz netten Flugbegleiterin mit einer Cola und nach der Landung einer Flasche Rotwein entschädigt wurde. (Flüssigkeiten dürfen nicht wieder mit in den Flieger- kein Problem, die kriegen wir schon noch getrunken in Sardinien.
Der Flug war ruhig und kurz, nur 1 Stunde und 25 Minuten, und wir landeten sogar früher als erwartet. Die Koffer kamen schnell an, und die Stimmung war gelöst. Vor dem Flughafen erwartete uns ein herzliches Wiedersehen mit Team München, bestehend aus Marianne, Petra und Laura- immer noch gestärkt vom Cappuccino, den sie auch brauchten, denn: kein Mietwagen weit und breit. Nach mehreren Versuchen auf dem Flughafen den Standort der Mietwagen herauszufinden, führte Timo dann das erlösende Telefonat. Parkplatz A3, wir werden mit einem Shuttlebus abgeholt und die 500 Meter zum Mietwagenverleih gefahren. Wir? Nicht ganz, Timo fehlt. Der Bus ist zu hoch zum Einsteigen, hier spüren wir das erste Mal die sardinische Freundlichkeit. Völlig unkompliziert steigt der Fahrer, nachdem er uns abgesetzt hat, in unseren Mietwagen und fährt zurück zum Flughafen und holt Timo. 500€ Kaution und einige Unterschriften später hatten wir dann endlich unsere Autos.
Tuili (das ist das Dorf am Fuße der Giara) wir kommen! Äh Moment, erst noch die 2,5-stündige Fahrt zum Hotel. Eine Fahrt quer durch Sardinien, bei Dunkelheit, in zwei fremden Autos, bestehend aus Team Petra und Timo, die vorweg fahren und Team Ute, Laura, Kathi und Marianne – dazu Baustellen, Schlaglöcher und holprige Wege, die mehr Abenteuer als Asphalt waren und unsere Vorausfahrer mit dem schlechtesten Abblendlicht aller Zeiten.
Aber hey – wir sind ja nicht aus Zucker!
Nach einer gefühlt endlosen Suche, einer Umrundung mehrerer Sackgassen und einem leichten “Wir fahren im Kreis”-Gefühl haben wir letztendlich unser Hotel gefunden.
Der Name? Groß an die Wand gemalt, aber nicht gerade leuchtend.
Der Zugang? Per Türcode, denn es war mittlerweile 23:30 Uhr – Rezeption? Fehlanzeige. Code für die Eingangstür hatte Petra, Nummer eingegeben und nichts passiert. Tür bleibt geschlossen. Code etwa falsch? Nein nur zu schwach gedrückt. Die italienischen Gäste, die ebenfalls gerade eingetroffen sind, hatten mehr Schmackes, die Tür öffnete sich.
Aber: Zimmer gefunden, Türen auf, Koffer abgestellt und… endlich durchatmen. Die Nacht war kalt und die Decke dünn.
Wir freuen uns trotzdem auf die Abenteuer, die uns morgen erwarten!
22.04.2025 – Tag 2
Die erste Nacht war kurz und kalt. Aber wir wären ja nicht wir, wenn wir nicht auch darauf vorbereitet gewesen wären. Zumindest Timo. In weiser Vorraussicht und von uns allen schon Tourerprobt, hatte sein Heizkissen dabei. Ihm wars warm. Der Aufwand war bis jetzt schon beachtlich, aber deshalb sind wir hierhergekommen. Das Beobachten der sardinischen Wildpferde und Daten sammeln, eine Menge Daten müssen mit nach Hause koste es was es wolle! Das sind Timos Worte, die in uns allen noch nachhallen. Koste es was es wolle, meinte er ernst, denn die Bobachtung und Erhebung der Daten standen an erster Stelle. Wir ordneten unsere Bedürfnisse diesem Ziel unter. Wir setzten uns ein und trugen Timo im wahrsten Sinne des Wortes den Berg hinauf. Auf dem Weg nach oben wurden wir erneut Zeuge der italienischen Hilfsbereitschaft. Ein junger Mann namens Paolo – welche Zufall, mit seiner Familie, bat uns seine Hilfe an und schob Timo unermüdlich weiter nach oben. Dann aber doch das Ende des Weges, für Timo. Die Pferde sind in Sichtweite, aber weiter ging es nicht. So nah und doch so fern. Für Timo stand das Ziel im Vordergrund und er ordnete seinen Wunsch der Aufgabe für das gemeinsame Ziel, die Welt für Pferde zu verändern, unter. „Es ist jetzt nicht wichtig, dass ich die Pferde sehe!“ Das Ziel ist es zu dokumentieren. Der Hahn schickte seine Hühner los und wartete eine Stunde, alleine mit sich und der wunderschönen Natur hier oben.
Unsere erste Herde bestand aus fünf Pferden – darunter ein Hengst, zwei Stuten, ein Fohlen und ein vermutlich einjähriges Jungpferd. Was wir gesehen haben hat uns zu tiefst berührt und auch stolz gemacht. Was wir bei Timo gelernt haben, können wir hier sehen.
Wir waren sprachlos.
Die Ruhe dieser Tiere, ihre Gelassenheit, ihre natürliche Präsenz – das war pure Magie.
So wenig schreckhaft, so würdevoll.
Man steht einfach nur da, hält den Atem an und denkt: Wie schön kann Natur sein?
Zurück bei Timo zeigten wir ganz stolz und ergriffen unsere Aufnahmen. Es entstanden in der Gemeinschaft gleich ganz viele Gedanken und Verbindungen zur Arbeit mit den Pferden zu Hause. Timo? Der dachte schon über den nächsten Vortrag zu diesem Thema nach.
Tag 2 endet mit total matschigen Schuhen und schlammverkrustetem Rollstuhl, wundervollen Bildern und Videos sowie vollem Herzen und dem Gefühl:
YES …. Das hier ist genau der richtige Ort zur richtigen Zeit.
Zur Belohnung ging es am Abend in eine einheimische Pizzeria, super nette Menschen, leckeres Essen, Preise bei denen Essengehen noch Spaß macht und dem Pizzabäcker beim Machen der Pizza zuzuschauen war ein Erlebnis..
Aber der Spaß war schnell wieder vorbei, als uns beim Nachhauseweg auffällt – Timo hat einen Platten.
23.04.2025 – Tag 3
Bei unserer heutigen Lagebesprechung war schnell klar, wir müssen uns trennen. Timo bleibt im Hotel und beginnt damit die Daten zu ornden. Eine ganze Menge Daten. Wir amten zum ersten Mal durch, wir haben bereits so viel Material gesammelt, dass wir schon wieder die Heimreise antreten könnten. Aber es warten noch viele Pferde auf uns an Tag 3. Aber erstmal setzen sich Petra und Timo von der Gruppe ab. Petra fährt mit Timo in die nächstgrößere Stadt, um den einzigen Fahrradreparateur in der Nähe aufzusuchen. Rollireparatur war erwartungsgemäß nicht zu finden, aber ein Fahrradmechaniker könnte vielleicht Abhilfe schaffen und Timos Problem lösen, und den Rollireifen mit einem Fahrradreifen reparieren zu lassen. Der Rest von uns macht sich nach eindrücklichen Worten von Timo: „Denkt dran alles zu filmen und zu dokumentieren, ALLES!! Die Truppe macht sich neue eingestimmt auf den Weg zum Plateau.
Petra und Timo meisterten die Herausforderung in einem kleinen Dorf, nach einer Ehrenrunde, eine einheimische Werkstatt ausfindig zu machen und wenn ein passender Reifen da war, würde das Problem gelöst werden. Wir wurden zum dritten Mal Zeuge der sardinischen, italienischen Hilfsbereitschaft und absoluter Unkompliziertheit auch komplizierte Herausforderungen zu lösen. Mit plattem Rollireifen heißt es für Timo, die Wege kurz halten und das Plateau mit den steinigen Wegen wären dann für Timo: „Sie nannten ihn Plattfuß“ verboten. Wir müssen noch vier Tage durchhalten und müssten Timo dann im wahrsten Sinne auf Händen tragen. Aber der junge Fahrradmechaniker sagte er macht das. Und er machte es, der Reifen ist wieder wie neu, kein Rollireifen, aber einer vom Fahrrad geht zur Not auch. Zur gleichen Zeit, 30 Kilometer nördlich macht sich der Rest der Gruppe auf den Weg zum Hochplateau. Die Vorfreude war wieder groß, und wir wurden auch heute nicht enttäuscht! Ganz im Gegenteil, besser Vorbereitet mit Karte und kurzer Instruktion des Parkrangers entdeckten wir drei Pferdefamilien, die nebeneinander aber strickt getrennt voneinander hier oben friedlich leben. Erfurcht ergreift uns.
Ein besonderes Highlight war eine beeindruckende Auseinandersetzung zwischen zwei Hengsten, den wir beobachten konnten. Ganz anders, als es die Pferdewelt erwartet würde und dennoch faszinierend. Wir wurden Zeuge von Kraft, Eleganz und absolutem Charisma dieser beeindruckenden Pferde. Doch nicht nur die Hengste sorgten für Begeisterung – auch das herzerwärmende Rennen der Fohlen ließ unsere Herzen höher schlagen. Auch hier gab es für uns einige Aha-Momente und Denkansätze.
Der Tag war geprägt von Herausforderungen, Teamgeist und unvergesslichen Momenten in der Natur der Wildpferde Sardiniens.
24.04.2025 – Tag 4
Tag 4 beginnt früh, sehr früh. 05:01 klingelte der Wecker zumindest der von Marianne. 06:00 Uhr Ankunft auf dem Hochplateau war die Ansage. Hat nicht ganz geklappt- es war 06:03 Uhr. Ziel unseres frühen Aufbruchs war die Familienverbände bei Tagesanbruch zu beobachten. Zu dieser frühen Stunde waren nur das Zwitschern der Vögel und der pfeifende Wind hörbar, noch keine Spur von anderen Menschen im Gebiet, und so hofften wir ungestört und in aller Ruhe die Giaras beobachten zu können. Würden sie so früh am Morgen agiler sein? Wir wollten wissen ob sich die Pferde im Übergang von der Nacht zum Tag anders Verhalten. Wie ist das Verhalten in der Dämmerung am Morgen, sind sie angespannter? Am Tag zumindest kamen die Pferde bis auf 3 Meter an uns heran. Tatsächlich waren die Pferde in der Morgendämmerung sehr viel distanzierter. Kein Pferd weit und breit. Wir begegneten Käfern, die über den Weg huschten, Spinnen die sich langsam auf uns herab seilten, und dann wurden unsere Begegnungen größer und für uns alle etwas respekteinflössender, jedoch von den Pferden fanden wir nur die Spuren und Hinterlassenschaften. Wir begegneten einem Wildschwein, das neugierig die Umgebung erkundete, sowie einem Bullen, der in der Dämmerung ruhig und bedächtig durch das Unterholz schritt. Doch dann hörten wir endlich Gewieher es kam einer Erlösung gleich. Dann stand er da, ein Hengst. Er beobachtete uns sehr skeptisch und sein Charisma überstrahlte die gesamte Hochebene. Ohne zu übertreiben, es war eine Atmosphäre voller Magie, die uns völlig durchdrang. Wir waren überwältigt. In drei Tagen wurden wir ein Teil dieser wunderbaren und kraftvollen Natur die einfach durch ihre Präsenz wirkt. Die Ebene wurde dann noch von einem leuchtenden Regenbogen überspannt. Timo sagte: Jetzt weiß ich, es war die richtige Entscheidung hier hoch zu kommen. Für die große Sache.
Dann schien es für einen Moment, als ob wir ihnen zu nahe gekommen wären. Das zu erkennen, ließ uns stocken und ehrfürchtig innehalten, die Mutterstuten positionierten sich immer wieder zwischen uns und ihre Fohlen. Um ihnen Raum zu geben, zogen wir und leise zurück.
Im Gegensatz zu den vorherigen Tagen, an denen wir zu deutlich späteren Uhrzeiten unterwegs waren und den Eindruck hatten, dass die Pferde bereits sehr an den Menschen gewöhnt sind, zeigten sie heute am frühen Morgen eine ganz andere Seite: Sie waren äußerst scheu, misstrauisch und zogen sich bei jeder Bewegung sofort zurück.
Es war faszinierend zu beobachten, wie sie mit gespitzten Ohren vorsichtig und aufmerksam um sich schauten, als wollten sie uns noch nicht in ihre Welt eintreten lassen.
Wir trauten nicht uns zu bewegen, es war eine unfassbar magische Stille und wir konnten unseren Herzschlag hören. Es dauerte etwa 15 Minuten, bis sie sich an unsere Gegenwart gewöhnt hatten.
Nach und nach trauten sie sich langsamen und mit zögerlichen Schritten näher zu kommen. Sie schauten neugierig und aufmerksam, wir konnten nun die feinen Gesichtszüge mit den sanften Augen und dem kraftvollen Blick erkennen und ihre ruhigen Bewegungen beobachten. Jede Kommunikation der Pferde war so ruhig und sanft, fast schon liebevoll war der Umgang untereinander. Dann wurden wir Zeuge eines kleinen Wunders. Dem Deckakt. Allerdings war es dann doch eher unromantisch und effizient als mystisch.
Ein weiteres Highlight war das mutige kleine Hengstfohlen, das nur wenige Wochen alt sein dürfte. Es erkundete die Umgebung fernab seiner Mutter und zeigte dabei eine erstaunliche Selbstsicherheit. Das beeindruckte uns, denn das war so ganz anders als das, was man aus der Gefangenschaft kennt. Es schien als dachte das kleine Fohlen, ihm könne nichts passieren.
Der Morgen war geprägt von einer einzigartigen Mischung aus Scheu, Anmut und natürlicher Wildheit. Es war ein Erlebnis, das uns erneut die Vielfalt und die fragile Schönheit der wilden Giara Pferde in Sardinien vor Augen geführt hat. Diese Momente der Begegnung, voller Ruhe und Anmut, werden uns für immer in Erinnerung bleiben.
Mittags war das Treffen zur Lagebesprechung für das wichtigste Projekt für Timos Mädels- wie bekommen wir Timo zu seinen Wildpferden. Petra fährt mit Timo über den anderen Eingang direkt nah an die Pferde heran und der Rest geht wieder über den Haupteingang zurück zu den Pferden. Schnell war klar und wir waren uns alle einig- nur zusammen sind wir komplett.
Auf die Empfehlung am Informationsstand waren wir uns einig am Nachmittag gemeinsam eine andere Stelle des Parks aufzusuchen.
Hier in XXX sollte es möglich sein, Timo mit dem Auto zu den Wasserstellen der Pferde, wo sie ruhen sollten, zu fahren. Der Rest der Truppe war auf Schuster´s Rappe unterwegs. Schon nach wenigen hundert Metern wurden wie belohnt. Im Dickicht entdeckten wir mitten in einem Sonnenstrahlkegel eine kleine Familie mit Fohlen. Wir strahlten vor Freude, endlich konnte Timo die Pferde mit bloßem Auge live erleben. „Es hat mich überwältigt!“
Aufgrund des Windes zog sich die kleine Familie nach kurzer Zeit tiefer in das Unterholz zurück, auch mit Fernglas wurde eine weitere Beobachtung immer schwieriger. Die dichten Bäume verhinderten den Blick. Hier war sichtbar, dass das Pferd ursprünglich ein Waldbewohner war. Hier schien der Ursprung des Pferdes plötzlich in die Gegenwart gerückt zu sein.
Dennoch mussten wir unsere Aufgabe erfüllen und weitere Daten sammeln, deshalb war jetzt aufzugeben für keine von uns eine Option.
Der kleine Citroën Mietwagen wurde kurzerhand als SUV genutzt, und meisterte nun mit Bravour auch holprigste Wege. Erleichtern hierbei ist Petras Ralley-Vergangenheit. Unterbodenwäsche inklusive, Schlammmasken sollen ja sehr gut sein … 😊. Doch kurz vor einem Wasserloch wurden wir leider durch ein doch größeres wasserreiches Schlammloch gestoppt. Kurzerhand entschieden wir fünf Powerfrauen den Weg mit Timo ohne Auto weiter zu gehen. Es lag uns am Herzen, auch, wenn Timo uns immer wieder sagte: „Die Daten stehen an erster Stelle!“ – lag es uns fünf am Herzen es möglich zu machen, dass er zu den Wildpferden kam. Er hat so viele Jahre dafür gearbeitet und jetzt, wo das Ziel zu greifen nahe war, wollten wir den Rest des Weges noch schaffen. Wir konnten erneut Giara´s aus der Ferne im Unterholz entdecken, jedoch zog sich die Herde sofort zurück als sie uns entdeckten.
Unsere Augen waren wachsam, wir scannten immer wieder unser gesamtes Umfeld ab vom Himmel zum Boden und wieder zurück aber nichts war zu sehen. Stattdessen schauten wir zwei Mistkäfern dabei zu, wie sie abwechselnd eine riesige Mistkugel mit ihren Hinterbeinen davon schafften. Wir schauten gespannt zu, wieder einmal verdeutlichte uns die Natur das es besser ist über das Ziel und nicht über die eigene Größe nachzudenken.
Kurz später schien es, als stünden wir an einem Unglücksort, was war hier wohl passiert? Anatomie zum Anfassen, wir entdeckten Teile einer Wirbelsäule, eines Oberschenkelknochens und ein Teil eines kleinen Beckens. Erstaunlich war es zu sehen, wie lang die Dornfortsätze in Wirklichkeit doch sind. Hier wurden uns gleich mehrere Dinge unmissverständlich klar gemacht: Wie hart die Natur doch ist, egal wie süß dieses Fohlen zu Lebzeiten auch war, und Praxis und Theorie lagen in der Pferdewelt sehr weit auseinander. Der letzte Gedanke begleitete uns schon am ersten Tag. Wir sahen etwa einjährige Fohlen die noch von der Mutter gesäugt wurden und wenige Tage alte Fohlen die weit weg von der Herde standen. Anders als in den Lehrbüchern und das, was wir in unserer Ausbildung immer wieder zu hören bekamen.
Wir waren fasziniert von einer Natur die uns an Afrika erinnerte und kamen endlich am Wasserloch an. Es offenbarte sich eine wunderschöne landschaftliche Kulisse, aber leider kein einziges Pferd in Sicht. Heute wollte es einfach nicht klappen. Wo wir auch suchten, es war einfach nichts mehr zu machen.
Die Sonne stand nun schon tief, deshalb beschlossen wir den Heimweg anzutreten.
Nachdem wir heute bereits 16 km Fußmarsch hinter uns hatten, unsere Füße schmerzten und wir die Sonne im Gesicht spürten, trafen wir auf eine Herde Rinder. Darunter ein massiver Bulle mit einem Kalb und der Mutterkuh.
Ute und Laura waren lebensmutig und sind schnurstracks an der Familie vorbeigelaufen, Marianne und Kathi hatten die Hosen voll und haben den langen Weg weiträumig außen herum genommen. Die Feiglinge 😉 würde Timo jetzt bestimmt sagen.
Am Ende des Tages zeigte der Schrittzähler eine Strecke von 20 km an. Die Hüften, die Füße, der Rücken .. jeder hatte ein Zipperlein. Aber morgen gehts schon wieder war unser Motto und sollte das nicht ausreichen, wird die leckere Pizza oder die Pasta ihren Teil dazu beitragen, dass wir wieder mit neuer Kraft starten konnten. Alles für die Forschung …
Keiner der Fußtruppe fühlte sich noch in der Lage durch einen Supermarkt zu laufen, daher übernahmen Petra und Timo den heutigen Einkaufsdienst. Beide wurden auf der Strecke durch eine sehr entspannte und gemütliche Schafherde entschleunigt. Die Natur hat eben ihre eigenen Regeln, ob uns das gefällt oder nicht. Die beiden nahmen es mit Humor und schauten dabei zu, wie der Hirtehund seinen Job völlig alleine ohne seine Schäfer erledigte. Wir alle waren zudem Profi´s im Thema Geduld.
Ganz im Sinne von „never change a running system“ ging es am Abend erneut in unsere bewährte Pizzeria in Villamar. Wir wurden von der typisch italienischen Besitzerin herzlich begrüßt. Sicher freute sie sich darüber, dass wir zu sechst nicht nur Pizza, sondern auch sehr leckeren Nachtisch zu uns nahmen.
Pizza und Pasta hatten wir schon auf den letzten 5 Kilometern förmlich gerochen und definitiv nach unserem heutigen Marsch auch redlich verdient. Mit vollen Mägen und schmerzenten Füßen fielen wir 23 Uhr erschöpft ins Bett, um von den so wunderschönen und so viel Ruhe ausstrahlenden Giara Pferden zu träumen.
25.04.2025 – Tag 5
Heute ging’s etwas entspannter los – endlich mal ausschlafen!
Ein gemütliches Frühstück um 8:30, etwas Dehnung für die immer noch müden Beine vom gestrigen 20-Kilometer-Megamarsch, und um 10 Uhr war Abfahrt. Die Stimmung war, wie auch die letzten Tage, großartig. Wir warteten, wie auch die anderen Tage gespannt auf das, was wir heute sehen würden. So viel vorab – wir wurden nicht enttäuscht!
Kaffee intus, Rucksäcke gepackt, Ferngläser bereit Kameras scharf gemacht – und natürlich wieder voller Vorfreude auf unsere Giara-Pferde. 🚶♀ Auf nun schon sehr vertrauten Wegen strebten wir direkt die uns mittlerweile bekannten Ruhestellen der Herden an.
Auch heute weilten die Pferde wieder am gleichen Ort. Sie wirkten so entspannt, ruhend, manche schienen tief zu schlafen. Einige standen, andere dösten, ein Fohlen ganz in Nähe der Mutter, das 2. Fohlen traute sich mutig in die Ferne. Das war übrigens etwas, was ganz anders war, als das was man aus der Gefangenschaft kennt. Die Fohlen der Wildpferde waren häufig weit ab der Mutter und sogar von der Herde. Alles unter eher ruhigen Vorzeichen, kein Gewieher, weder von den Müttern noch von den Fohlen. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wie sehr das Verhalten dieser Wildpferde von den vermeintlichen Wissensnormen der Pferdewelt abwich. Auch die Körper dieser Pferde wiesen einige Merkmale auf, die die Pferdewelt ins wanken bringen würde.
Es war unglaublich still heute, nur der Wind pfiff uns um die Nase, wir genossen das leise Zwitschern der Vögel und nahmen diese wunderbare Natur in uns auf. Wir waren so ergriffen von der friedlichen Stimmung, dass wir fast vergaßen zu atmen.
Einige Stuten und Jährlinge schlenderten gemächlichen Schrittes durch das seichte Wasser, ihre Nüstern blubberten unterm Wasser, während sie die Gräser zupften – die Zeit schien still zu stehen oder nur sehr langsam zu vergehen.
Die Stunden vergingen, wir saßen auf Steinen, und obwohl uns gefühlt die Beine einschliefen, wollte keiner von uns seine Position verändern. Auf gar keinen Fall wollten wir das ruhige Miteinander stören und noch weniger wollten wir etwas verpassen, hatten wir doch die letzten Tage so viele Erkenntnisse gewonnen, die nicht überraschend, aber in der Bedeutung doch alarmierend. Uns sind selbstverständlich gleich die Ausbildungsmethoden und Richtlinien eingefallen, die hier in der Stille der Wildpferde vollkommen ihre Bedeutung und ihren Sinn verlieren. Unser Ziel war es zu beobachten, alles zu dokumnetieren und die Stimmung einzusaugen, einfach nur da sein, fasziniert den Schritten der fantastischen Giara Pferde folgen, die Geräusche um uns einsaugen und genießen.
Von einer Sekunde auf die andere kam plötzlich Bewegung in die Herde am anderen Seeufer. Ein beeindruckender schwarzer Hengst trat in unser Blickfeld. Er näherte sich, langsam, gemächlich. Es machte auf uns den Eindruck, das er die andere Herde gar nicht wahrnahm, fast spiegelgleich standen nun zwei Herden an der Wasserstelle, eine beeindruckende Szene vor der Kulisse der Giara die um diese Zeit einer grünen Oase glich.
Alles schien so friedlich. Jede Herde hielt Abstand – als hätte sie einen unsichtbaren Bereich markiert. Das Besondere daran, es war alles so unglaublich unspektakulär. Keine Kämpfe, kein Gequietsche der Pferde, einfach Ruhe.
Direkt vor uns in knapp fünf Meter entfernt graste eine hochtragende Stute, wir konnten sogar ihr prall gefülltes Euter erkennen, sie wird sicher sehr bald ihr Fohlen zur Welt bringen.
Noch war sie in Begleitung eines scheinbaren Jährlings.
Der stolze, schwarz glänzende Hengst schien nicht von ihrer Seite zu weichen, egal welche Richtung die Stute einschlug, er stellte sich immer zwischen sie und die andere Herde. Anfangs noch unscheinbar, dann deutlich erkennbar kam eine Stute der entfernteren Herde immer näher, ihrem Hengst dann wohl etwas zu nah.
Und zack – der zugehörige Hengst schritt ein, trieb sie sanft, aber bestimmt zurück zu „seiner“ Gruppe. Kurz später … Stille, aber die Blicke der Hengste trafen sich, fixierten sich, Spannung lag nun deutlich in der Luft.
Dann plötzlich:
Der Hengst der vorher seine Stute zurück getrieben hatte, setzte sich nun in Bewegung. Zuerst im Schritt … dann Trab… dann Galopp! Der lackschwarze Hengst reagierte sofort als hätte er nur auf ein Zeichen gewartet und galoppierte ihm entgegen. Die Hufe tauchten spritzend in das Wasser ein, gebannt hielten wir den Atem an. Der felsige Untergrund schien den zwei Hengsten nichtsim Geringsten anhaben zu können.
Dann nichts mehr … der Moment war so schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Es war ein kurzes Aufeinandertreffen. Keine Verletzungen. Nur ein deutliches „Bis hierher und nicht weiter“. Und sofort – wieder Stille.
So kraftvoll. So klar. So wild. Und doch so weise. Und das Beste? Wir waren ganz nah dran. Wirklich nah.
Die Herde wirkte noch immer etwas unruhig, obwohl die Hengste keine weitere Klärung benötigten, war doch alles im Abstand von zwei Metern voneinander geklärt..
Angeführt von einer Stute galoppierte die gesamte Gruppe direkt auf uns zu und nur wenige Meter an uns vorbei. Wasserspritzer flogen und trafen unsere Arme, man hätte fast die Wärme ihrer Körper spüren können. Ein Moment, der bleibt, wir spürten …. Gänsehaut. Demut. Respekt.
Ein Erlebnis, dass uns für den Rest unseres Lebens begleiten wird, denn es hat sich tief in unsere Herzen gegraben.
Zurück im Hotel mussten wir unsere Akkus aufladen und die Datenträger leeren, um gerüstet für den nächsten Tag zu sein.
Ein Tisch und 5 Stühle in der Hotellobby dienten mittlerweile als unsere Premium Einsatzzentrale.
Neben Laptops und Powerbanks wurde der Tisch mit reichlich Snacks und Getränken gefüllt.
Unter dem Tisch hinterließen wir die „Mitbringsel“ des Hochplateaus. Der Matsch an unseren Schuhen war mittlerweile getrocknet und bröckelte.
Da wir bisher die einzigen Gäste im Hotel waren, erlaubten wir uns alles stehen und liegen zu lassen und starteten einen weitern Ausflug zu den Pferden.
Doch diesmal zogen neue Gäste ein, als wir spät abends zurückkamen, war unser Arbeitsplatz wie leergefegt.
Schlechten Gewissens verschönerten wir der Hotelbetreiberin ihre Empfangstheke mit einem netten Entschuldigungszettel und einer Flasche Rotwein, die Timo nach dem Hinflug den netten Flugbegleiterinnen der Lufthansa durch seine charmante Art abgeluchst hatte. Timo schaffte es dann noch mit seinem Grundschul-Italienisch einen Zettel zu schreiben, der sicher seine charmante Wirkung nicht verfehlen würde.
Der Abend endete wieder in „unserer“ Pizzeria, welche uns heute wieder einmal auf eine sehr charmante Art und Weise, die so lebendige und freundliche Lebenslust der Italiener verdeutlichte.
26.04.2025 – Tag 6
Um 6:01 pünktlich zum Sonnenaufgang klingelte der Wecker. Um 7:01 war Abfahrt – Marianne mag keine geraden Zeiten und weil wir ein Team waren wurden die Zeiten exakt angepasst. Das Frühstück fiel heute aus, obwohl wir eine Stärkung und einen starken Kaffee am Morgen gut hätten gebrauchen können, wollten wir die Morgenruhe auf dem Plateau nutzen- die Pferde bei Anbruch des Tages.
Auf unserem Plan stand heute Großes!
Wir wollten noch einmal alles spüren, alles aufsaugen, was diese Reise so besonders gemacht hat.
Und das ging nur mit Timo!
Mit vereinten Kräften – schieben, ziehen, heben – schafften wir es erneut mit viel Gelächter und bester Laune Timo zu unserer Lieblingsstelle aufs Hochplateau zu buchsieren. Trotz der Anstrengung und den vielen sehr emotionalen Momenten, eines begleitete uns mindestens genauso. Das gemeinsame Lachen.
Die Pfützen und Matschstellen waren deutlich ausgetrockneter, so konnte uns kein kleiner oder großer Stein und keine Wurzel mehr aufhalten. Die Trockenheit hier oben war kaum zu ignorieren. Heute hatte sie uns den Weg frei gemacht.
Und was sagen wir mit Gänsehaut und feuchtem Auge:
Es hat sich mehr als gelohnt.
Nach einer letzten kurzen Strecke durch ein bewaldetes Gebiet eröffnete sich die Wasserlandschaft vor uns und dort standen sie, als ob sie Timo willkommen heißen wollten. Gemeinsam konnten wir den Kreis schließen.
Die Giara-Pferde grasten ruhig und entspannt mitten im Wasser. In einer Harmonie, die fast greifbar war. Sie waren teils so nah, dass wir sie teils auf nur drei Meter Entfernung beobachten konnten – ohne, dass sie sich an unserer Anwesenheit störten. Im Gegenteil, sie schenkten uns kaum Beachtung. Sie spürten unsere Ruhe.
Eine Pferdefamilie in Balance!
Besonders bewegend und für uns aufschlussreich war die Wichtigkeit des Hengstes für die Pferdefamilie: Das kleine Fohlen orientierte sich sehr oft eng an seinem Papa, suchte immer wieder seine Nähe – ein wunderschönes Bild von Vertrauen und Schutz. Ein Bild, das man in unserer heimischen Pferdewelt leider kaum zu sehen bekommt.
Doch dann hörten wir erst leise, dann immer lauter werdend Stimmengewirr, es tauchte eine geführte Touristengruppe auf. Bunte Jacken, lautes Gelächter. Der Guide war sehr bemüht die Gruppe zu beruhigen und auf Abstand zu halten, er handelte im Sinne der Pferde.
Dennoch änderte sich in der Herde sofort die Stimmung. Mehr Bewegung, gefühlte und gezeigte Unruhe.
Das Fohlen suchte sofort Zuflucht und Kontakt zu seiner Mutter, trank kurz zur Beruhigung und schmiegte sich an den Körper der Stute. Wir warteten schon darauf, hatten wir doch Timos mahnende Worte im Kopf: „Fohlen können sich nur durchs Trinken bei der Mutter regulieren.“ Er hatte recht! Jetzt konnten wir es in der Natur live miterleben.
Uns beeindruckte das Gespür der Pferde für uns Menschen. Hatten sie uns kaum beachtet, verfielen sie sofort in Stress bei der Touristengruppe. Die Gruppe war weder laut noch in einer anderen Form ungestüm, aber sie war ungeordnet. Es zeigte sich, dass eben doch ein Großteil des Verhaltens und der Probleme vom Menschen ausgeht.
Als die Touristengruppe wieder verschwand, legte sich ein Schalter um und es kehrte wieder Ruhe und Stabilität ein.
Wie erstaunlich hochsensibel Pferde von Natur aus sind, sie haben die Gabe bestimmte Energien sofort wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren, oh ja, was können wir alles von ihnen lernen. Uns wurde klar, wir kratzen nur an der Oberfläsche.
Die Pferdefamilie zog sich gegen Mittag auf die kleine Insel zurück, einige Giara´s legten sich für eine Ruhepause in den sonnenwarmen Sand und hielten unter der nun hochstehenden Mittagssonne eine wohlverdiente Siesta.
Für ca. 30 Minuten war absolute Stille. Nur das gelegentliche Schnauben der Pferde und das Zwitschern der Vögel war zu hören. Am liebsten hätten wir uns ebenfalls ins Gras gelegt und die Augen geschlossen, nur um eingehüllt in diese beruhigenden Töne jede Sekunde vollumfänglich aufzusaugen.
Zu unserer Freude – ein kleines Schauspiel zum Abschluss:
Zwei Fohlen und ein einjähriges Jungpferd (bei uns liebevoll Lehrling statt Jährling genannt) brachen kurzzeitig in Spiellaune aus, galoppierten fröhlich im Kreis, sprangen durch´s Wasser und umkreisten ihre Familie. Die älteren Pferde blieben gelassen, ließen sich nicht anstecken. Sie waren wie kleine Inseln der Ruhe im wilden Spiel der Jungen. Dennoch war das sogenannte Spielverhalten eher seltener zu sehen und wurde sogar einmal von einer Mutterstute unterbrochen. Es sah alles so anders aus, als das, was man immer wieder als Fakten gelehrt bekommt.
Gegen 14 Uhr verabschiedeten wir uns schweren Herzens von „unserer“ Herde und nahmen die Eindrücke, das Gesehene, das Gefühl der Ruhe und des Miteinanders tief im Herzen mit uns nach Hause.
Zurück im Hotel sicherten wir unsere Fotos und Videos, sortierten Gedanken und schrieben unsere Tagesberichte. Beim Anblick der Videoszenen fühlten wir uns sofort wieder zurückversetzt an dieses wundervolle Fleckchen Erde mit den Giara Pferden.
Und wie hätte ein perfekter Tag besser enden können als mit traditionell italienischem Essen in unserer Lieblingspizzeria. Natalina, die gute Seele, hatte uns bereits erwartet und unseren Tisch vorbereitet. Sie wusste bereits im Vorfeld welches Getränk jede von uns bevorzugte, sie rannte flitzte, lachte und schenkte jedem von uns ihre Aufmerksamkeit. Sie ist ein Vorbild für herzliche Menschlichkeit.
Ein Abend voller Geschichten, herzhaftem Lachen und selbstverständlich auch ein bisschen Wehmut. Wir alles waren traurig, dass unsere Reise schon endete. Aber wo ein Weg endet, beginnt ein neuer.
Was bleibt ist eine tiefe Dankbarkeit an das Land mit seiner teilweise noch sehr unberührten Natur, an die Leute und vor allem an die Pferde, durch die wir für uns so wertvolle Erkenntnisse ja fast schon Geschenke mit nach Hause nehmen können.
Mit vollen Mägen und überlaufendem Herz lagen wir in unseren Betten und waren uns einig, diese Reise hat unsere Erwartungen mehr als übertroffen.
27.04.2025 – Tag 7
Der letzte gemeinsame Morgen, die Stimmung war ungewohnt ruhig, wirkte fast schon gedrückt, es machte den Anschein das sich unsere Gedanken aus dem Hotel schlichen und auf der Hochebene trafen. Timo starrte vor sich auf den Tisch und schien im Gedanken versunken zu sein.
Die Koffer waren schnell gepackt, doch nun das Rätsel des Tages:
Wie genau hatten wir bloß all die großen und kleinen Koffer plus Rucksäcke, Taschen und den Rollstuhl in die zwei kleinen Flitzer bekommen? Irgendwie muss es geklappt haben, denn wir waren ja da.
Koffer wurden eingeladen, gedreht, wieder herausgenommen und anders herum gestapelt und gedrückt.
Unser Koffer-Tetris Spiel begann, und wurde (wer hätte es anders von uns erwartet) schnell gelöst.
Punkt 11 Uhr war Abfahrt. Die Sonne schien und wir konnten während der Fahrt die landschaftliche Schönheit bewundern, zumindest der Teil der Truppe auf den vorderen Sitzen, der nicht schlief. Kathi und Marianne waren nochmal im Land der Träume versunken.
Die Woche war offensichtlich doch anstrengender als erwartet.
Nachdem uns unsere gestrige Rally-Fahrt abgelegen von jeder asphaltierten Straße über Geröllstraßen und staubige Feldwege gebracht hatte, mussten wir den Autos definitiv etwas Wasser von oben gönnen und sie säubern. Feuchttücher dienten der Innenreinigung, damit wir die Autos anschließend, hoffentlich problemlos, bei der Mietwagenfirma zurückgeben konnten.
Aber wir hatten doch etwas vergessen, keiner aus unserem Dream-Team hatte daran gedacht. Nun standen wir mit nur halbvollem Tank da. Erst im Gespräch mit dem Mitarbeiter und Timo fiel es uns wieder ein. Wir hatten vor lauter sauber machen vergessen zu tanken.
Was nun, aber dank Timos Charme wurde von den netten Mitarbeitern der Zentrale das Problem für uns gelöst, gegen Geld selbstverständlich ( mit was auch sonst). Dennoch unkompliziert.
Am Flughafen angekommen gab es erstmal eine Brotzeit, unser Proviant der letzten Tage musste aufgebraucht werden. Snacks und Getränke waren stets in unseren Taschen. Wir hatten ja auch gute (Schokoladen-)Esser unter uns, die gefühlt immer Appetit hatten, obwohl man es ihnen nicht ansah.
Das Einchecken verlief diesmal problemlos. Timos Mopet, wie er es nennt, war ja in Deutschland zurück geblieben.
Wir hatten eine Wartezeit von etwa drei Stunden, bis der erste Flieger für einen Teil von uns die Reise nach Hause antrat. Diese Zeit war immer wieder geprägt von Schweigen und ein paar Tränen oder lautem Gelächter, bis wir auch hiervon wieder Tränen in den Augen hatten.
Doch nun kam der schmerzliche Teil des Tages. Für Team München hieß es Abschied nehmen. Voller Freude und Dankbarkeit über das, was wir gemeinsam erleben durften, lagen wir uns mit Tränen in den Armen.
Das Ende einer gemeinsamen Reise, aber gleichzeitig der Anfang etwas ganz Neuem.
Team Frankfurt blieb etwas geknickt zurück. Ute ertränkte ihre Trauer in Kaffee, der erste Große Becher seit einer Woche, Timo schaute mit kritischem Blick gen Himmel und Kathi schrieb mit feuchten Augen etwas an diesem Tagebuch.
Dann eine Nachricht von Team München, die Stimmung war dort nicht besser, und die Flasche Rotwein vom Hinflug wäre jetzt die rechte Medizin gewesen.
Genug mit der Sentimentalität, auf zum Boarding.
Es folgten für Kathi ein Drogentest (der natürlich negativ ausfiel), für Ute ein Gang auf Socken durch die Schleuse. Nur Timo durfte seine kleine Flasche Wasser mit nehmen. Wie macht er das nur immer? Ute und Kathi statteten anschließend der Männertoilette einen Besuch ab. Das war selbstverständlich keine Absicht, doch an der Putzfrau war einfach kein Vorbeikommen. Dann durften wir VIP´s als erste das Flugzeug betreten.
Punkt 18:40 Uhr hob unser Flugzeug ab und wir verließen Sardinien. Körperlich. Unsere Gedanken können wir nicht so schnell lösen, diese sind noch immer auf dem Hochplateau, an der Wasserstelle bei den Giara Pferden.
Abschließend zu diesem Tagebuch möchte ich meine Gedanken hier festhalten. Ich, der diese Reise bereits seit fast dreißig Jahren vor sich herschob.
Hatte ich so viele Menschen bereits ausgebildet und Daten unterschiedlichster Pferde und ihres Verhaltens gesammelt, sollte diese Reise den Kreis schließen. In der Vorbereitung dieses Projektes war ich schnell sicher, wen ich an meiner Seite haben wollte. Ute, Petra, Kathi, Marianne und Laura. Diese fünf sollten es sein. Die Zeit der Vorbereitung ging schnell vorbei und wir traten die Reise an. Ich machte mir große Sorgen, dass diese Reise unter einem schlechten Stern stehen konnte. Es gab so viel, was hätte schieflaufen können. Schlechtes Wetter oder keinerlei Pferde in Sicht. Bereits am ersten Tag schien der Weg vorbei zu sein, bevor er richtig begonnen hatte. Der Weg war für mich im Rolli unpassierbar. Die fünf an meiner Seite brachten für mich, wie selbstverständlich, ihre ganze Kraft auf, um mich zu den Wildpferden zu bringen. Kein noch so starker Mann hätte es ihnen gleichtun können! Es war nicht nur beeindruckend sondern berührte mich tief im Herzen. Mir fiel ein Vers aus der Bibel ein: Fürchte dich nicht, ich werde dir einen Engel schicken, der dir den Weg bereitet. Ich hatte fünf Engel an meiner Seite. Ich hatte etwas Mühe die Truppe davon zu überzeugen, dass die Aufgabe dieser Reise Priorität hatte. Erst wenn wir die Daten hatten, konnten wir uns darum kümmern, dass ich zu den Pferden komme. Von Tag zu Tag wurde unsere Verbindung enger. Die wilden Pferde der Giara veränderte uns, sie veränderten mich. Der Blick auf das Leben bekam für mich eine andere Perspektive. Ich kann es schwer in Worte fassen, aber ich wusste jetzt, was meine Aufgabe im Leben war. Nicht nur das, ich überdachte so vieles, mich und mein Leben. Die Wildpferde der Giara berührten meine Seele bis in die letzten Winkel, es kam einem Beben gleich. Für mich schien es, als warteten sie all die Jahre auf mich, um mir endlich ihre Botschaft mitzuteilen. Die Botschaft dem Weg zu folgen, darauf zu vertrauen, dass es einen Sinn gab und die Kraft für das Gute in der Welt einzusetzen. Von Herzen danke ich den Wildpferden der Giara für diese Erfahrung. Ihr wilden Pferde dieses Hochplateaus habt mir in dieser Zeit so viel gegeben, so dass ich hoffe euch und eure Artgenossen all das zurück geben zu können. Ich danke meinem Team, die ein großer Teil dieser Reise waren. Ihr habt mein Herz erfüllt und dafür bin ich euch immer dankbar. Ute Wollmann, Petra Kress, Kathrin Dannreuther, Marianne Guglhör und Laura Schröppel, ihr wart genau die Richtigen. Für mich war es eine Reise voller Erfahrungen, Glück und Wärme. So wurde der Weg, der ursprünglich als Forschungsreise begonnen hatte am Ende eine Reise zu mir selbst. Hier auf dem Hochplateau der Giara und der wilden Pferde endet für mich der eine Weg und ein neuer beginnt.